Hans Ulrich Gresch

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Aktuelle Neuigkeiten

Nun habe ich den Han gelesen. Von der ersten bis zur letzten Zeile. Dies Buch ist ein freundliches Geschenk (noch einmal Danke dafür) - und nun muss ich es so unfreundlich rezensieren. Es widerspricht nicht nur meinem Wissen, meinen Erkenntnissen, es geht mir gegen den Strich. Han nimmt die ideologisch bedingte Selbsttäuschung mancher Arbeiter, keine Arbeiter zu sein und nicht ausgebeutet zu werden, sondern sich selbst auszubeuten, für bare Münze. Ein kurzer Blick in den eigenen Arbeitsvertrag würde genügen, um diesen mythischen Schleier zu zerreißen. Dort steht nämlich, wer letztlich das Sagen hat, und das ist nicht der Arbeiter. Und dort findet sich auch ein Betrag, der Lohn, und dieser Betrag entspricht nicht dem Wert der Arbeitsleistung, sondern dem Wert der Ware Arbeitskraft. Han garniert seine ideologische Konstruktion neoliberaler "Psychotechniken" mit allerlei Themen und allerlei Namen und ich kann mich des Verdachts kaum erwehren, dass es sich dabei um eine ziemlich beliebige Mixtur handelt. Eine zugrunde liegende, stringente Theorie ist ebenso wenig zu erkennen wie eine empirische Erhärtung der Kernthesen. Schade. Das Thema ist ja im Grunde spannend. Denn in der Tat ist ein System mit neoliberaler Wirtschaftspolitik durchaus unterschieden von einer staatlich gelenkten sozialen Marktwirtschaft. Es stellt deutlich andere Anforderungen an den Verkäufer der Ware Arbeitskraft. Und zweifellos finden sich auch in den ideologischen Produktionen der Wissenschaftler und Journalisten, die sich der Sache des Kapitals verschrieben haben, vielfältige Ansätze zur Anpassung der Arbeiter, also der Verkäufer der Ware Arbeitskraft an diese veränderten Bedingungen. Hans Buch aber kratzt bestenfalls an der Oberfläche neoliberaler Identität. Er durchdringt nicht den Schein, der die wirtschaftlichen Prozesse naturgemäß umhüllt, sondern er schreibt eine negative Apologetik des Kapitalismus. Das heißt: Zwar erkennt er das hässliche Antlitz des neoliberal zugerichteten Angestellten, zugleich aber negiert er den ursächlichen Zusammenhang, der nach wie vor und unverändert kapitalistische Ausbeutung ist - und keineswegs Selbstausbeutung eines freien Unternehmers.
27. Jan. 2016 um 19:21 Uhr
Noch einmal Han. Wie gestern bereits geschrieben, wähnt Han, im Neoliberalismus sei das Ausbeutungsverhältnis aufgehoben und jeder sei sein eigener Unternehmer. Das Gegenteil ist der Fall. Neoliberalismus bedeutet Rückzug des Staates aus der wirtschaftlichen Steuerung und Abbau des Sozialstaats. Damit verbunden sind strukturelle Arbeitslosigkeit, Lohndrückerei und Schwäche der Gewerkschaften. Demgemäß verschärft sich bei einer neoliberalen Wirtschaftspolitik das Ausbeutungsverhältnis. Die strukturelle Gewalt, die der Markt auf die Beschäftigten ausübt, nimmt in dem Maße zu, wie die Macht des Staates in der Wirtschaft abnimmt. Die Beschäftigten haben also zunehmend Grund, wütend auf ihre Ausbeuter zu sein. In solchen Fällen gibt es immer zwei Möglichkeiten. Entweder man lebt die Wut aus oder man frisst sie in sich hinein. Da wegen der Schwäche der Gewerkschaften ein kollektiver, konstruktiver Ausdruck des Zorns wenig Erfolg verspricht, bleibt dem Beschäftigten häufig nichts anderes als die individuelle Bewältigung der Wut. Dies sind die von Han so genannten Psychotechniken. Durch Selbstdressur versucht der Beschäftigte, den Anforderungen des Arbeitsmarktes unter den Bedingungen verschärfter struktureller Gewalt und Ausbeutung besser gewachsen zu sein. Wenn dies nicht in gewünschtem Maß gelingt, droht das Abgleiten in die Depression, wie Han zutreffend feststellt. Nach habe ich ein paar Seiten zu lesen. Für ein abschließendes Urteil ist es also noch zu früh. Vielleicht klärt sich ja noch alles auf.
27. Jan. 2016 um 09:37 Uhr