Jesiden Fakten

  • Mythologie

  • Nach êzîdischer Erzählung bestand die Oberfläche der Erde als sie geschaffen wurde nur aus Wasser. Wie die Erde entsprang auch dieses Wasser der explodierten „Ur-Perle“ (Urknall).
Aus dem Qewlê afirandina kinyate, der Hymne über die Schöpfung der Erde S. 21, Z. 1,2, heißt es:


Ava ji durê diweriya – Wasser entsprang aus der Perle
Bû behir û pengiya – Es wurde zum Meer

Die Erde war unruhig, bebte und tobte wild. Auf ihr war es nicht möglich, sich anzusiedeln. Vierzig Jahre lang wuchs nichts auf der Erde, weil ihr Boden nicht fest war. Also entsandte Xwedê (Gott) seine Engel auf die Erde und begab sich dann mit jenen auf ein Schiff:
Qewlê afirandina kinyate, S.21, Z 3.:


Padşê min merkeb dibest û nav geriya –

Mein Herr bestieg das Schiff und fuhr umher

Um zunächst Ordnung in die tobende Erde zu bringen, schuf er die vier Himmelsrichtungen…
Qewlê afirandina dinyayê, Hymne über die Entstehung der Erde S. 14, Z. 1,2:


Xwedawendê me gemî ajot – Unser Herr fuhr mit dem Schiff umher

Ji kinar ço ber kinar e – Von Himmelsrichtung zu Himmelsrichtung

…und hielt an einem Ort, wo er sprach:
Qewlê afirandina kinyatê, S.22, Z.4:


li lalişê sekinî, got: eve heq war e! – In Laliş hielt er uns sagte:

Dies ist der rechte Ort!

Und der Herr setzte Laliş auf die Erde, die sich daraufhin beruhigte:
Qewlê afirandina kinyate, S. 28, Z. 1,2,3:


piştî çil salî bi hijmar e – Nach vierzig Jahren an der Zahl

Erdî bi xwe re negirtbû heşar e – Fand die Erde keine Ruhe

Heta Lalişbi nav de nehat xwar e – Bis Laliş auf sie herabgesetzt wurde

Erst mit der Ankunft von Laliş verfestigte sich die Erde und die Natur konnte wachsen. Der Herr warf „Hefe“ in das Meer, und aus dem daraus aufsteigenden Rauch wurden die sieben Himmel geschaffen.
Qewlê afirandina kinyatê, S. 23, Z. 1,2,3:


Heq ware û sekinîn – Das ist der rechte Ort und Er (Gott) hielt

Padşê min hêvên avêt behrê,behir meyînîn – Mein Heer warf „Hefe“ ins Meer und das Meer wurde „gespült“

Duxanek jê duxnî, her heft asiman pê nijinîn – Rauch stieg empor, wovon die sieben Himmel entstanden

An der Stelle, an der die „Hefe“ ins Wasser geworfen wurde, entstand eine heute heilige Quelle: Kanîya sipî (Die weiße/reine Quelle). Verstirbt ein Êzîde, so wird seine Leiche zum Heiligtum Laliş in dem Glauben befördert, dass seine Seele dort in das Jenseits übertritt. Im Jenseits soll sie zur Pira Selatê, der „Brücke der Empfängnis“ gelangen, wo sich der weitere Weg entscheiden wird. In Laliş existiert eine gleichnamige Brücke.